Schlaf Auf Fake


Unecht bin ich, mit Gefühlen aus Metall, mit Herzgeklapper. Eine Holzpuppe, ein Kegel, ein Objekt, das herumgestoßenerweise immer in Bewegung ist, ohne Anfang, ohne Ende, ohne Grund, ohne Ziel. Fühlen lässt es sich trotz allem gut, das Spüren ist intensiv, gelagert in verschiedene Zwiebelhäute, die beim mehrfachen Abpellen einfach wegfallen und der Inhalt sich als leer entpuppt. Fliegen fangen ist viel schwieriger als sie fliegen zu lassen. Die Mühe des Fangens ist eine Qual, weil sie Ursache und Wirkung trennt. Die Anstrengung des So-Sein-Lassens ist unendlich tief und friedensstiftend, weil sie alles gleich macht.

Metallische, stählerne Haltung inmitten von sich fliegtummelnden Insektoiden braucht niemals zu kämpfen, kann mit allem umgehen, weil mit nichts umgegangen wird. Fangen, Richten, Versuchen, alles wird im Keim erstickt und unmögliche Problemlösungsversuche werden umgangen. Den feindlich gesinnten tritt sie mit Neugier gegenüber, dem schuldeinflößenden mit Wonne, die diebischen-verbrecherischen fragt sie freundlich, wie sie ihnen wohl weiterhelfen könne. Es gibt keine Last ohne Gewicht, keine Schornsteinfegerei ohne Feuer und Ruß, kein Wind ohne Richtung. Alles ist bereits ordentlich angeordnett und mir zuvorkommend. Etwas tun kann ich weder dafür noch dagegen. Jede Verschränkung mit Phänomenen dieser Art ist eine Verschränkung im Geiste, eine Einschränkung im Handeln, ein ständig beschrankter Bahnübergang ohne Zugdurchfahrt.

Herzgeklapper äußert sich in Wellen und Wogen, die nicht geglättet werden, sondern sich gegenseitig beglätten, bewellen, betosen, bedonnern und befriedigen. Sie sind weder gefangen, noch befangen, noch sind sie frei. Die Wellen und Wogen machen immer dasselbe, repetitiv, ohne Unterlass und kreieren dabei immer neues, nie gesehenes, die Unendlichkeit von Raum und Zeit und erklären von sich selbst die Unendlichkeit der menschlich-sprachlichen Dummheit.

Die Existenz von lebenden Gefühlen beruhe auf der Wirklichkeit der Mineralien, Moleküle und Synapsen, sagen die Halb-Verblendeten. Für sie ist alles falsch. Die Wirklichkeit der Mineralien, Moleküle und Synapsen beruhe auf der Existenz von lebenden Gefühlen, sagen die Voll-Verblendeten. Für sie ist alles richtig.

Das ganze Bild zu sehen von der Schlange, die sich in den Schwanz beißt, ist metallisches Herzgeklapper pur. Egal wie sie sich verhält, sie beißt und beißt und weiß nicht warum es wehtut. Also bewegt sie sich immer schneller im Kreis bis ihr schwindlig wird und ihr Hören und Sehen und Riechen und Schmecken und Fühlen und geradliniges Denken vergeht. Vergangen sind die Sinne, Vergangenheit ist was klebt und hängt, sie Suche nach der Ursache, die eine Lösung des Schwanzbeißens verspricht. Unnötig zu sagen, dass diese selbstgemachte, bei Uroma zuhause im Ofen gebackene Sucht nach Extase nach immer mehr Extase schreit. Mehr will sie, mehr! sagt sie, macht den Schlund auf und beißt immer heftiger zu.

Verstehen ist Verblendung. Nicht-Verstehen ist Verblendung. Der karmische Knoten ist und bleibt ein Knoten. Jeder Versuch, den Knoten aufzudröseln, ist ein neuer Knoten. Beschweren müsste man sich bei den Obrigkeiten, noch etwas unterdrücken müsste man die Untrigkeiten. Todesangst kommt, wenn der Knoten sich von selbst löst.

Angst zu sterben haben sie, Angst davor dass das metallene Herz aufhört zu klappern und dass die Schlange ablässt vom ständigen Schwanzbeißen. Paradoxal die Erklärung, dass sie es gewohnt sind, zu sterben. Sie sind es gewohnt, sich ober und unterzuordnen, sich anders zu machen als sie sind, sich kategorisch und quadratisch verpixelt anzupassen, einfach um etwas oder jemand zu sein, um zu Existieren im gähnend leeren Raum, am frei schwebenden Klettergerüst der erwachsenen Kindheit. Noch etwas tun müssen sie, bevor sie sich etwas gönnen, und dann gönnen sie sich und haben ein Gewissensbiss. Nicht stehenbleiben dürfen sie, sondern sich weiterentwickeln, immer sich sanft bis kräftig vom Zahn der Zeit anknabbern lassen bis die Zeit verfliegt verschwendet vergeudet oder im besten Falle nützlich genutzt wird. Gewissensbisse am ganzen Leib! Die Schlange streut Gift!

Vorbildsgift. Vorbilder aus Gift, die vor mir stehen und mich belehren, ich solle Verantwortung für mein Leben übernehmen, mich bessern und vor allem weniger schuldig sein, indem ich weniger Dinge tu die schuldig machen. Wir sind komplett in unseren eigenen Köpfen gefangen. Da kommt keine Schuld rein und da geht auch keine raus. Warum gibt es so viel Leid in der Welt? fragen die Vorbilder aus Gift, während sie nochmals kräftig zubeißen und ihre Herzenssinne vernebeln mit einer an den Haaren herbeigezogenen Fragestellung, verkleidet als Intellekt und Gutmenschtuerei. Warum gibt es so viel Blau in der Welt? fragt mein Stahldildo in vollem Ernst. Wie kann die göttliche Obrigkeit, die doch alles Gute wie Schlechte in der Hand hat, nur so viel Blau in der Welt zu lassen? Schrecklich sei es, ungeheuerlich. Rot sei doch viel schöner und er wünsche sich von ganzem Herzen dass in der Welt weniger Blau und mehr Rot herrsche. Das ist wahrer Intellekt und sollte genauestens studiert werden, wenn die davonlaufende Zeit es zulässt, natürlich.

Kämpfen ist wie Angeln am Wasser, nur ohne Angel und ohne Wasser. Der Kampf angelt sich eingebildetermaßen immer wieder neu die Fische aus dem nicht-existenten Meer und spielt damit. Als hätten wir nicht schon genug Probleme. Muss da der Kampf noch dazukommen und ausgerechnet keine Fische aus keinem Wasser non-angeln? Wenn du den Nicht-Fisch schon non-geangelt hast, dann solltest du ihn auch nicht-verspeisen, und zwar mit Non-Wonne.

Falsch sind sie alle, die Fische, die Wasser, die Fliegen, die Menschen, die Kämpfe, die Obrigkeiten. Falsch liegen sie. Sie verstehen alles und sind dadurch im dicksten Nebel ever. Sei froh, wenn jemand die Nebellampe angeknipst hat, dann hast du wenigstens etwas wo du hinterherlaufen kannst. Zusammen im Nebel sind wir alle noch falscher. Am falschesten aber ist die stählerne, unverrückbare Haltung. Sie ist fake und total verrückt. Es gibt die gerade Linie nicht. Wo denn? Hast du schon mal eine gerade Linie herumlaufen sehen? Also, ich nicht. Also bin ich diese Linie. Wenn du die stählerne gerade Linie bist und dazu noch metallisches Herzgeklapper vernimmst, dann weißt du dass du fake bist und bist erleichtert. Das hat dir gerade noch gefehlt! Au weia, dich gibt’s nicht? Du bist fake? Genau wie alles andere? Aha.

Gerade Linien sind sehr selten anzutreffen, aber eigentlich gibt es sie überall, wenn man nur genau hinsieht. Es ist ein offenes Geheimnis. Jeder sieht es und niemand darf es sehen. Niemand darf es aussprechen, alle haben sie lieber Angst vor der Wahrheit und beißen sich fleißig giftig weiter. Mittagspause, Mahlzeit, Feierabend, Sex, Urlaub und dazwischen Kaffee mit Hafermilch ist schon lecker. Urlaub, Sandstrand, Cocktail, Hotelmeile, Palmen und Sonnencreme ist mega. Fett groß rauskommen, Partys schmeißen, Crack, Speed, Hasch und abkacken, deswegen bin ich in Berlin. Ja schon klar. Du hast noch dein ganzes Leben vor dir das du nach Belieben wegzuschmeißen kannst.

Her damit, gib mir die Ware. Gib mit was du hast! Das da! Deine krasse Haltung, so cool! Gib mir das Rezept dafür. Wie machst du das dass du so sauber und klar bist? Wie nichts? Wie meinst du, das gibt’s nichts zu lernen? Metallisches Herzgeklapper? Stählernes Rückgrat? Holzpuppe? Ah ok, nee danke, dann bleib ich lieber Mensch aus Fleisch und Blut. Alles klar. Danke, Wiedersehen!

So jährt sich jeden Tag ein Jahr, jedes Jahr ein Kalpa im dicksten Dickicht mit Dornenbett. Die Schlangen beißen sich durchweg und machen den Knoten enger. Berggesänge und Talfluchten lassen kalt. Laubgeriesel und Sandgetriebe laufen heiß. Zwei Dinge sind für immer und ewig zwielichtig. Ent oder weder. Weniger Blau, mehr Rot. Verdammt, schon wieder der Keilriemen gerissen, so kommen wir nicht vom Fleck. Mein Hobby ist und bleibt “weg von hier” auf dem schnellsten Wege. Egal wohin. So sterbe ich ständig und werde wieder-geboren als dieselbe Gestalt die mit ihrer unsichtbaren Nicht-Angel Non-Fische fischt und immer wieder aufs neue enttäuscht wird ohne es zu merken, aber ich vergesse fleißig die Situationen und Konditionen und behalte festgekralltermaßen meinen mir geheimen tiefen Wunsch, kämpfend zu verbessern was nicht zu verbessern ist.

Zwei

Das beste, feinste, geilste, coolste und überhaupt brutal bockleckerste im ganzen Kosmos liegt bar auf der Hand. Das bloße Gold ist genau so eine unsichtbare geile Scheiße wie die göttliche Vergebung für rein gar nichts. Es fehlt an nichts. Es gibt nichts auszulutschen in der bockleckeren gähnenden Leere des absoluten Stillstandes. Wünsche, Anti-Wünsche, Reiseziele und Butterbrote sind nichts als kurz aufflackernde Geistesblitze, die Kleber hinterlassen. Der Kleber ist auch ein Geistesblitz. Metallgeklapper ist ein Geistesblitz. Heutzutage muss man aufpassen, was man sagt, es stehen überall Spione herum, die die Menschenherzen auslesen und Statistiken machen über Pro und Contra und so. Ein Ponyhof sei das nicht, und auch keine Kreuzfahrt. Der Ernst des Lebens sei es, der oben im Stübchen anklopfe und ihm solle man folgen als wäre er ein Nebellicht. Dabei liegt doch alles brach und unbescholten vor unserer aller Nasenbein und Hand und Barfuß und Bargold, gemischt mit einer Prise sinnlicher Vernunft. Musik strömt aus den Betonwänden, das Feuer der Leidenschaft lodert tief in jeder Pore auf der Nase, Vibrationen und Summen geben den Ton an für zukünftige Richtungsweisungen, die Weisheit wird stur und stumm mit Löffeln gegessen, ohne hinaufzublicken, ohne zu sagen wer oder was es isst. Beim Beinschlag haben wir Probleme hervorgesagt, aber das nicht vorhandene bare Gold, dass überall herumfährt hat seinen Koffer nur spärlich bepackt. Tonnenweise Rotkohl und Weißkohl haben sich schlafend gestellt, die Tonwolke aus dem Radio berichtet Unwetter und morgen ist schon wieder Tag der Vergeltung, nicht heute, noch nicht, noch ein bisschen können wir hier in Ruhe und Frieden aufrecht sitzen. Bitte gehen Sie weiter, es gibt hier nichts zu sehen. Bitte gehen Sie weiter, ehrlich. Es gibt hier nichts zu sehen. Das bare Gold, der Umhang aus seidigem Krokon, die Non-Angel die du von deiner Ur-Oma geerbt hast sind nicht zu sehen, nicht auffindbar, also lass sie fallen wenn sie gehen möchten, nimm sie an wenn sie kommen möchten. Es gibt nichts zu fürchten und auch nichts zu staunen. Alles ist egal und gleich und unerheblich. Die Richtungen sind alle gleich. Links und Rechts drehen sich mit, wenn du dich drehst, also wäre es nicht geschickt sich umzuorientieren? Ganz ohne Richtung? Festzulegen geht nicht, denn alles ist schon festgelegt, trockengewischt, aufgesaugt den Hausstaub, den Feinstaub atmen wir tief ein, sodass er im Leib seine Wirkung entfalte, abzulassen davon ablassen zu wollen. Siehst du, was du nicht sichtbar ist? Bemerkst du den Geistesblitz, der sich hineinschleicht von überall her, obwohl es keine einzige Ritze gibt und alles dicht ist? Plötzlich bist du nicht mehr ganz dicht, alles rieselt heraus und hinein, Dinge, Mittagessen, Mittwoch, Mitternacht, der Vollmond kriecht in dich hinein, pflanzt sich hin in deinem Gemüt und macht es sich gemütlich. Genüsslich packt er eine Chipstüte aus und beginnt zu knabbern. Knusprig sagt der Vollmond dir, dass es kurz und schmerzlos eine 180-Grad-Wendung durch ein Nadelöhr geben werde. Du denkst so, Au weia, das wird eng und aus rotem Himmel heraus wird klar, dass du selbst das Nadelöhr bist, durch das alles hindurchfließt, und zwar schon seit Anfang der Zeit. 180 Grad Kelvin! sagt der knuspernde Vollmond, der eine Nicht-Angel in seiner Patsche hat. Die Nicht-Angel verkennst du ganz klar als deine. Bei 180 Grad Kelvin windet sich blasend wirbelnder Stickstoffschnee die Wendeltreppe hinauf und hinunter und eine einzige einsame Pflaumenblüte öffnet sich zusammen mit noch einer Pflaumenblüte, Hunderte von Pflaumenblüten, Myriaden Pflaumenblüten, alle zur gleichen Zeit.

Zeit und Raum öffnen sich weit auf zu einer einzigen winzig kleinen Singularität, die du ganz allein bist. Du stehst ganz allein im Wald, zusammen mit unzähligen anderen Geschöpfen, deren Herzen fließen vor Nahrung, Geist und Nachtigallgeschrei, hier ist es, hier und jetzt ist es schon immer gewesen, da befindet sich das Tor, das nur von der einen Seite begehbar ist, hier strömt Wasser aus allen verinnerlichten Fenstern der Innerung, Gefühle habe es nicht, nur mechanisches Herzgeklapper, wohlig gekrallt ans Gestell hast du dich schlafend gestellt und bist voll wach. Die Furchen erden sich. Die Antennen neugierig immer mehr herausgeblasen, fühlend betastest du dich gegenseitig, verstummt gestimmt in allen Ebenen die es gibt, nämlich keine. Stehengeblieben ruhend und brausender Schneesturm bist du wahrhaftig eine kräftig geschüttelte schweizer Wasserschneekugel in der weißer Plastik langsam aber stetig zu Boden fällt und wenn alles gefallen ist, tut die Wasserschneekugel so als wäre nichts gewesen, als wäre nie etwas gewesen, als wäre alles was immer gewesen ist und immer sein wird komprimiert in einer Null Komma Null Megabyte großen Datei im gähnend leeren Kosmos, dessen einziges Auge du bist.

Gelassen hörst du die mechanische Maschinerie deines Holzpuppendaseins, zufrieden setzt sich der fertiggeknabberte Vollmond und nimmt ab. Er nimmt ab, wird halber und halber, sichliger und sichliger, supersichlig, eindimensional fadig und verschwindet im Herzensuniversum. Der Mond ist fake und er weiß es. Der Mond hat sich die Völle nur ausgesponnen zwischen unverbindlich
Verbundsticket, Spinnennetze gebaut, sich verheddert, getobt und ruht in aller Ruhe im ehemaligen Todesstreifen, unsichtbar, wie alles andere verzieht er keine Miene.

Das große Mysterium, absolute Idiotie und alles drumherum ein Kinderspiel. Zivilisiertheit und hohe Standards haben aufgehört Feuer zu spucken. Es bahnt sich an, es bahnt sich ab. Vorauseilend verstehst du nichts, außer diese eine große Sache, das bare Gold, das schon immer inexistent in jedermanns Hände gefallen war und jedem auf der Zunge lag. Du weißt nichts und du bist sicher, felsenfest überzeugt von der großen Sache, der nichts bedarf – nicht einmal einer Ursache – und in der alles unsicher und von ganzem Herzen fake ist.


Artwork by Lina & Mio.

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