zart:rosa

Weihnachtsrauch steigt wie im Stollen unter Tage auf das Gemüt. Weichgezeichnete Alpendisteln legen sich schlafen im Gehölz der Weiblichkeit. Zart und hart, so öffnet sich langsam der Wasserstrahl aus der Talsperre mit einem erleichterten Seufzer. Kristallklar sprudelt es, hier und da noch Kohlensäure die aufsteigt, aber der Sargopharg ist verschwunden. Die Augen sind tausenfach geöffnet, Fasanenfedern die eben noch bedrohlich schienen liegen verstreut auf der gefurchten Erde. Was war das und was ist das jetzt? Wo bin ich und was soll ich hier? Fragt sich Rosa, stillschweigend den immer vollen, prallen, immer schon kurz vorm Zerbersten stehenden Mond. Der Mond strahlt nicht mehr. Er ist schwach und zerbrechlich geworden, gewahr um seine Lügenaura. Eingesehen, dass er manchmal einfach ausatmen muss, anstatt immer nur einzuatmen. Das Plüstergewand hängt im Schrank, und dort bleibt es auch. Abhängig von der krassen rosa Liebe bleibt er hüpfend. Schluckauf macht sich breit. Konsumgier ist gestillt schon mit wenigen Tropfen des niemals versiegenden, klaren Quellwassers, das weiß und weise sprudelt.

Orientierungslosigkeit ist der Anfang aller Orientierung. Innehalten und sich umsehen: Viel zu nah, viel zu fern. Viel zu kantig, viel zu anhänglich. Nein und Ja gleichzeitig, dazwischen und keins von beiden. Also schreist Du: Ja! Denn zu verlieren hattest Du nie etwas. Einfach laufen lässt Du es, so wie es kommt. Gezielt wandeln in Richtung Ziellosigkeit, ganz genau weißt Du, wie der Hase läuft, den Du gefangen hast. Schlau bist Du und gewitzt. Hinterhältigkeit wird Dir schuldhaft vorgeworfen, aber Du zeigst keine Reue. Etwas sagen solltest Du, Stellung beziehen, aber Du beziehst Dich auf nichts und bist still versunken in Deiner eigenen tiefen Freude, nur für Dich allein. Abgeben kannst Du sie nicht; niemand kann sie Dir abnehmen, diese Freude, die sich ganz ohne Zutun anbahnt.

Die Chef-Etage, in der es siebenundsiebzig Jahre lang neblig blitzte und donnerte, hat eine Wende durchgemacht. Durchwachsen ist die Stimmung immer noch, denn Dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Wer das nicht anerkennt, der ist verloren im Sut seiner eigenen Schmach, forever! Wer denkt, er könne andere mithineinziehen und verantwortlich machen für seine Schmach, leidet tief eingeschnitten und kann nicht gerettet werden. Gutmütigkeit hin oder her, die Uhr tickt! Die Anzeige ist kaputt, die Zeiger drehen sich leer im Kreis, angetrieben durch mechanisches Herzgeklapper. Die Chef-Etage ist das wahre rosa Herz; umwerfend zart, lange vorgereift und unumwerflich wirft das rosa Herz in einem Streich alle Neune um.

Kein Wort über andere, keine Versteckspiele. Rosa ist tatsächlich allein auf dieser großen, weiten Erde. Einrichten, umrichten und richten darfst Du nicht nur; Du hast die göttïnverdammte Pflicht dazu, und zwar niemandem gegenüber außer Dir selbst. Gottheitsspeise hat drei Aggregatzustände: fest, fließend und wabblig. Gottheitsspeise sublimiert und resublimiert nicht nur zwischen fest und fließend, sondern sie gehen ineinander über und haben einen Tripelpunkt, in der Gottheitsspeise fest, fließend und wabblig gleichzeitig ist. Für den Tripelpunkt muss ein ganz bestimmter Druck bei einer ganz bestimmten Temperatur gehalten werden. Der Tripelpunkt findet sich. Wenn Du fest bist, lass Dich nicht aus Empathie wabblig schwingen; sei von ganzem Herzen fest. Wenn Du fließend bist, lass Dich nicht aus Mitleid wabblig helfen; sei von ganzem Herzen fließend. Wenn Du wabbelst, dann wabbelst Du tanzend auf der Nase, pfeifend auf alles und jeden nur für Deine eigene weite Welt wiediwidiwi sie Dir gefällt. Du bist allzeit behütet. Auf all Deinen Wegen. Ich wiederhole: Auf *all* Deinen Wegen.

Die von Ur-Oma eingebackenen Grenzen lösen sich auf Löschpapier auf und zerfließen. Die eigentlichen Grenzen sind nichts anderes als der Tellerrand, in deren abgrundtiefe Leere Du beständig schaust. Die Leere ist rosa. Du kannst sie befüllen, wegschauen oder leerräumen: Sie ist und bleibt rosa. Du machst das beste daraus: Rein gar nichts. Du lässt es bleiben, Du lässt alles, wie es ist. Dann lässt Dich alles sein, wie Du bist. Das langersehnte Ende, die Vergeltung, der Untergang kommt von ganz allein. Wo keine Grenzen sind, da ist kein Dort, nur Hier. Wo die Zeit nicht herrscht, da ist kein Später, nur Jetzt.


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KeilaNeokow
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